Speyer, der Protzbau auf der grünen Wiese

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Der Dom zu Speyer, Unesco-Weltkultur-Erbe, ist groß, hoch, breit, eine Halsstarr-Kirche, romanisch bis zum letzten Stein.
Von den Saliern geplant und gebaut als dynastisches Friedhofshäuschen für ihre Gebeine, auf der grünen Wiese quasi, in dem 500 Seelenkaff Speyer (damals um die 1000 herum).

Von den drei Kaiserdomen am Rhein mir der unheimlichste, bedrohlichste. Worms stimmt mich heiter, immer, da hängen die Drachen und Nibelungen, da widerstand der tapfere Luther, Mainz liebe ich, das ist mein Dom, in ihm war ich einst zu Hause, aber Speyer fürchte ich. Hier hetzte Bernhard von Clairvaux solange, bis Konrad III (die Staufer fühlten sich da auch wohl in Speyer) sich in das unsinnige Abenteuer des zweiten Kreuzzuges stürzte, dessen ferne Eruptionen heute noch die Weltgeschichte beeinflussen, ja Bush war auch schon in Speyer, wie Putin, wie ganz früh Julian um das römische Weltreich wieder zu festigen. Speyer bedeutete Krieg, Krieg, Krieg. Zerstörung, Wiederaufbau, Demütigung. Von hier aus kroch Heinrich IV nach Canossa zu Kreuze. Das Heerlager gegen Napoleon von Franz, dem Habsburger, Friedrich Wilhelm dem Brandenburger und Zar Alexander. Alle da gewesen.

Die Pest, alles. Geschichte pur da. Weltgeschichte. Eine schöne Website hat der Dom.
Und sie lassen nix aus in Speyer, diese Reliquenschau im 21. Jahrhundert irritiert mich am meisten, eine ganze Kapelle für Reliquien. Stoff vom Brautkleid der hl Elisabeth, das Haupt des heiligen Papstes Stephanus und noch aus dem 19. Jahrhundert Knochen des seligen Nardini. Nein, sie vergessen Nichts die Granden der Kirche.

Und dann der Tiefschlag auf das Gemüt: Edith Stein lebte hier, bevor sie in Auschwitz ermordet wurde. Geschichte, Geschichte. Die Benediktinerinnen dort besuche ich immer, sie beten in ewiger Anbetung dort für den Weltfrieden. Ich knie und bin still, Ich weiß nicht warum. Es passt dort. Beten kann man immer, auch wenn man an keinen Gott glaubt, wenigstens nicht an den Gott der Schwestern. Beten ist mehr, ist Meditation jenseits aller Religionen, aber das ist eine andere Geschichte, die ich irgendwann auch einmal schreiben werde, irgendwann.

Trotzdem: Ich bin froh, dass ich lebe. Heute. Kurz mit dem Rad via S-Bahn umherziehen, Käse aus Weißenburg (das gehörte einst zum Bistum Speyer) von einem deutschen Discounter vertrieben , in Speyer am Dom verspeisen (ich berichtete).

Und sich auf eine Domhof-Bier später freuen. (Bericht dazu im Regional-Teil :>>)
Die da (das sind Kutten-Touristen, keine der Dominikanerinnen aus St. Magdalena) treten zwar in Rudeln auf, aber zusammen, keiner hat sie mehr in die Kutte gezwungen, unter den Schleier gepresst, gemeinsam spüren sie der Geschichte hinterher. Es ist mir egal, ob sie auch die Zellen teilen. Es interessiert niemanden mehr, außer sie selbst.

Nur manches ändert sich (fast) nie. Und die Fahrradständer am Dom sind eines Weltkulturerbes würdig. Tolles Patent da. Speyer.

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