Ein Launen-Bericht!
Noch einmal am Rhein sitzen, in Mannheim. Zum Abschluss der Tour. Zwei Tage Rhein, mit der Bahn und dem Rad. Das Mittelrheintal. Die Weltkultur hat es geerbt, von der Uneseco aus Genf und New York, keiner weiß, was dies bedeutet. Von Bingen nach Boppard und dann weiter nach Koblenz. Eine Nacht und dann zurück mit der Bahn, bis Bingen und rechts-rheinisch den Rheingau entlang an Wiesbaden vorbei nach Mainz. Von dort mit der Bahn zur main-station, wie die Straßenbahnen jetzt verkünden, nach dem die Amis abrücken, demnächst und dann zum Restaurant am Fluss.
Der Rhein. Mythos, Abwasserkanal, Wasserstraße, Trinkwasserreservoir, unsere Verbindung zum Meer, umkämpft, erobert, untertan gemacht. Grenze seit Römertagen und noch im kalten Krieg Rückzugslinie der Nato, vor den potentiellen kommunistischen Horden aus dem Osten.
Der Rhein, wie er behäbig dahin fließend aus meiner geliebten ober-rheinischen Tiefebene, zwischen die Schiefergebirge gepresst, wild strudelt.
Burg an Burg trutzt und das Blut erahnen lässt, das die Fehden der Herren am Rheine von ihren Leibeigenen abpressten. Turm an Turm, Kirche an Kirche verkündet das Tal des Stroms eisenfaust-behelmtes Kristentum im gerosteten Schwert, von römischen Truppen einst eingeschleift, in die germanischen Wälder.
Und während ich dies Flammkuchen essend beschreibe, der Hunger konnte nicht warten bis nach Hause, zuckelt langsam das Kreuzfahrtschiff auf dem Wasser vorbei, das heute morgen noch an der Mosel in Koblenz vertäut war. Eines von acht. Der Rhein als Tourist. Myriaden von Ausflugs-Schiffchen dienen ihm. Und alle spielen vor der Loreley, dass sie nicht wüssten, warum Silcher Heines Verse den Touristen zum Fraße vorwarf.
Ich machte mir den Spass und aß zu Mittag direkt vor der Lorelei, nahe St. Goar, zwischen dem Fels, dem Rhein und mir, nur ein holländisch dominierter Campingplatz, gartenzwerg-romantische SAT-Antennen stolz in die Luft gereckt. Die Plage des Rheintals, die Campingplätze, lieblos in die Landschaft geworfen, als ob die karge Schönheit des Flusstals ausgleichend den vielen Containerschiffen angepasst werden müsse mit banaler Hässlichkeit von Wohnwagenidyllen, dem infernalischen Krach, den die Güterzüge rechts und links des Bettes von Vater Rhein an die Felsen hallen, dass man das Tuckern der Frachter-Dieselmotoren gar nicht mehr wahr nimmt. All der Kitsch, dem man dem Fluss in St. Goar, Oberwesel, Boppard umhängt, all die Pracht der Rheinhotels, die ihren 50-iger Jahre Charme in xxl-Schnitzel fritieren, mit saurer Sahne Salatblätter traktieren und die Mayonnaise sogar dem Kartoffelsalat rheinischen. Noch ist Köln so weit weg, wo es die halben Hähne gibt und das Kölsch die Weinberge ertränkt. Soviel Wein am Rhein, wer ihn wohl trinkt zwischen den Bitchen?
Dann Koblenz, von Preußens Gnaden vergewaltigt und deutsch eingeeckt. Confluenca. Überhaupt diese uralten römischen Städte links des Rheins, die ich in diesem Sommer an einem Stück beradelte, Speyer, Worms, Mainz, Koblenz. Be-bischoft alle, gekürt sogar, Garnisonsstädte heute, wie zu Diokletians Zeiten. Fast nichts ist geblieben vom einstigen Ruhm, längst spielt die heiße Musik auf dem anderen Ufer, nur steinerne Großprojekte sind geblieben, die religiösen Dome der römisch-germanischen Kaiser und die Festen des martialischen Hohenzollern aus Brandenburg. Und die heutigen Wir, Siedu und ich, wir müssen damit leben, auch weil unsere fränkischen Brüder von der IÎle-de-France, dem Burgund und der Champagne einst so gerne grande Roi spielten und den Rhein wollten, die Städte, den Wein. Die Gefühle spielten Skala, von oben und unten.
Ich blieb zur Nacht in Koblenz. Eigentlich wollte ich noch bis Remagen und dann Bonn. Aber die Brücke dort wäre zu viel gewesen. Verfilmt, Friedensmuseum heute. Zurück noch einmal, das längst erradelte verbahnt. Bacherach, Kaub, der Mäuseturm und hinüber ins heimatliche Hessen, die Nassauer längst entschwunden, den Kitsch der Drosselgasse in Rüdesheim dem Asbach uraltet, wohlwissend, dass kein Weinschnaps mehr dem Cognac sein Deutschsein unter der Germania seine Promille ins Glas haut. Dazwischen in Bingen, auf der Suche nach der Fahrradfähre das Rad durch den Park geschoben, der einmal eine Landesgartenschau war. Der SWR kam mit Polizei und Kamera und fragte, ob mir das lästig sei, das Rad zu schieben. Seit neuestem wäre das fahren verboten, nämlich. Ich verdatterte, dass ich nur auf der Suche nach der Fähre sei und ansonsten nie hier führe. Ich weiß nicht, ob das gesendet wurde. Ich hoffte, dass der hessische Rundfunk nicht in der Drosselgasse wartete.
Der Rhein, rechts dann, fast entkitscht,. Rheingau, Riesling, Eltville.
Fast so schön wie die beweinte Pfalz, sag keiner Toskana zu ihr.
Dort, wo auf den Straßenschildern alle Weingut mit Vornamen heißen und die Gänse am Rhein mit Riesling schnabeln. Keiner kitscht mehr, es gibt Wein, selbst der Aperol Sprizz an der Anlege 511 ist aus heimischem Rieslingsekt, nicht von dem Doppel-M, nein von einem der vielen, die da Weingut heißen.
Wiesbaden tangiert,
Zement in die Fahrradreifen gerieben, in der Landeshauptstadt Wiesbaden – Mainz- Amöbenheim ( es gibt dort Vororte die Mainz- heißen, aber das ist eine andere unendliche Geschichte), über die Brücke, am kurfürstlcihen Schloss vorbei, einen Platz für das Rad im Regionalexpress ergattert. Und sitze nun in Mannheim am Rhein. Mannheim, das als Stadt eher am Neckar liegt, als am Rhein. Kurz über die Schillertage gesprochen, den Bachmannpreis und dass Anne Richter aus Heidelberg sich das antut und ganz langsam zieht das Entwässerunsgsystem Rhein Millionen Wasser gen Nordsee.
Ich mag diesen Fluss und die Bewohner an ihm, ich liebe sie, wie sie sind. Sie sind widersprüchlich wie ich, in mir. Rheinischer Katholizismus, nein, das nicht, ich bin ausgetreten. Aber ansonsten bin ich gerne geständig und träume von einem Wohnwagen am Rhein, Oberwesel, was meinen sie?
Nein, ich schreibe nichts über Ludwigshafen und Leverkusen, die Daxe am Rhein.
Ich trinke Deidesheimer, Riesling, Bassermann in Mannheim am Rhein.