Im Haus des Hoch- und Deutschmeisters – Museum der Stadt Weinheim

Mir ist nach Museum! Neues Projekt: „Museen an der Bergstraße“. Weil es so windet mit der 5 zum Museum der Stadt Weinheim. Ein echt nachhaltiges Museum. Unter Downloads wird der Netscape angeboten! :) http://www.museum-weinheim.de/
Es gibt aber auch diese Website hier unter dem Dach der Stadt-Website.
Aber! Trotz ihres Alters ist die Museums-Website sehr informativ und vielseitig. Vielleicht könnte ein Relaunch helfen?
Ich schrieb ja bereits, dass ich eine Tour durch die Museen an der Bergstraße machen will. So nach und nach.
Ich startete mit dem Museum der Stadt Weinheim. Gerade die kleinen Museen haben ja nicht immer auf, das Weinheimer fast immer. Auch bei trübem Wetter, für mich gut erreichbar mit der 5.
Beheimatet in einem wuchtigen Gebäude, dem ehemaligen „Deutschordenshaus“. Geschmückt mit dem großartigen Wappen des Erbauers. Franz Ludwig von der Pfalz. Imposanter, mächtiger, umtriebiger Mann, Bruder von Jan Wellem in Düsseldorf und Karl Philipp in Mannheim, mit einer eigenen Website. Von Wolfgang Kaps liebevoll gepflegt, wird im Kapitel „Bautätigkeit als Hoch- und Deutschmeister“ auch der Wappen und das Gebäude beschrieben.

Wappen des Pfalzgrafen und mehr, Deutschmeister, auch Reichserzkanzler und Bischof von Breslau, Trier, Mainz und Worms, am Museum der Stadt Weinheim.

Der Eintritt kostet erfreulich wenig, 2 Euro. Fotografieren? Nein. Hat man sich noch nicht mit beschäftigt, man verfolgt die Diskussionen darüber, aber jetzt und hier nicht.
Nun ja. Die Stadt Weinheim ist ja im Social Web, z.B. Twitter, sehr gut aufgestellt und quicklebendig. Vielleicht könnte die Stadtbibliothek Weinheim mit ihren Erfahrungen ihres Instagram-Accounts helfen? Ist ja um die Ecke. Via MetropolBib bin ich da ja auch Kunde.

Dafür gibt der Förderkreis des Museums eine Schriftenreihe heraus, die kostenlos an der Museumskasse mitgenommen werden kann. Das letzte Heft gibt es als PDF hier zum Download.
Nicht zu vergessen die Website des Fördervereins „Jüdische Spuren in Weinheim“, die man auch im Museum an einem Monitor aufrufen kann. Da hätte ich mir solche Touch-Monitore gewünscht, wie in Ladenburg, Darmstadt oder Heidelberg.

Es ist alles vorhanden, was auf der Website steht. Also der Mammutkopf aus dem Waidsee, Artefakte von Frankengräbern und Römergeschirr. Fresken aus der Peterskirche, alte Schränke, allerlei bäuerliches Gerät. Die aktuelle Sonderausstellung zeigt: „Carl Kornmeier und das Müll“. Einige der Bilder findet Google hier. Eine Sammlung des Malers mit Motiven Weinheims, besonders des „Stadtteils“ Müll. Lokal sehr interessant. Dieser Raum für „Sonderausstellungen“ füllt fast das ganze zweite Stockwerk. Das war früher anders, meine ich. Das Museumskonzept setzt wohl auch hier mehr auf Events, um Publikum zu generieren. Im Unterpfad „Panorama“ der Museumswebsite sieht man das noch sehr gut die alte Sicht.
Leider findet man im Museum wenig über das Mittelalter, die manchmal kuriose Geschichte von Weinheim. Fast nichts von den zwei Burgen, nichts vom Schloss, nichts von den Wittelsbachern, kaum etwas von den Berckheims. Mir fehlt das. Aber man kann halt nicht alles haben. Wahrscheinlich ist auch hier das Budget begrenzt, der Raum sowieso. Für Interessierte: Das Landesarchiv Baden-Württemberg erzählt sehr schön die Geschichte der „Deutschordenskommende Weinheim.“

Ehemaliges Schloss Berckheim, einst im Besitz der Wittelsbacher, heute Rathaus von Weinheim

Fast wünschte ich mir für Weinheim auch Lederbarone, wie Maximilian von Heyl in Worms und Darmstadt, die museumsaffin gewesen wären. #hüstel

Jetzt aber: tata!
Ich bloggte bereist 2006 über das Museum, wenigstens teilweise. Da steht was über eine Vitrine, die es so wohl nicht mehr gibt!

Ich füge die Kurz-Geschichte einfach auch hier ein. Sie erklärt sich selbst.
(Anmerkung: Das Stilbruch gibt es nicht mehr, ist heute ein Spitzen Drehspieß-Restaurant, das Pasha. Die 3 Glocken werden heute in Mannheim produziert, das Gebäude beherbergt jetzt u.a. einen Supermarkt)

Schneewittchen

Freudenberg, Drei Glocken, Beltz und Stilbruch las ich, als der Zug langsam in den Bahnhof einlief, ich hätte Elfriede mitbringen sollen. Meine Tante schwärmt für die Fensterlederclones von Vileda und wäre über eine Nudelfabrik in Entzückung verfallen, vor allem weil der Lieblingsverlag ihres verstorbenen Gatten daneben lag. Paul war Sozialpädagoge und er hätte bestimmt gesagt: “Machen wir ein Problem daraus und dann reden wir darüber“. Stilbrüche eben, scheinbar sind sie hier alle in einem Bistro zusammengefasst.
Seufzend stieg ich aus und fragte mich nicht das erste Mal, welcher Teufel mich denn ritt, überstürzt in Weinheim auszusteigen. Die Bahnhofsgaststätte verschlossen, „schunn iwwa e Joar“, erzählte mir der örtliche Wachtturmverkäufer, was immer er damit auch sagen wollte. Meine Koffeinsucht drängte mich Richtung Innenstadt, denn Stilbrüche trug ich bereits genügend in mir. Zwei Burgen sah ich an den Hügeln kleben, die sich hier Berge nennen. Ich kam geradewegs aus Kärnten, da bleiben solche Vergleiche nicht aus. Eine Burg sei erst 1920 oder so entstanden, von Burschenschaftern erbaut, was es nicht alles gibt. Burschenschafter, na ja, das wird der Gastronomie sehr entgegen kommen, ich sah die Füchse mit den Kappen wackeln und auf Humpen deuten. Ich war sehr unpolitische diesen Herbst, selbst in Kärnten, Sie wissen schon warum.
Am Kiosk hatte mich mir eine Lokalzeitung gekauft. Weinheimer Nachrichten, Odenwälder Zeitung und Mannheimer Morgen teilten sich wohl den allgemeinen Teil, ich blieb beim Lokalkolorit. Sollte ich mir noch ein Buch kaufen, für die Rückfahrt? Bei Braunbarth waren zu viele Leute, ah schon wieder Beltz, die Buchhandlung zum Verlag. Magisch zog es mich hinein, schließlich hatte ich Urlaub. Ein Mann in einem Parka zog mich in eine Gespräch über die Jelinek, was mich Vertrauen fassen ließ. Ich zeigte ihm die Visitenkarte mit den handschriftlichen Notizen. Die Adresse war durchgestrichen. Nur Weinheim/Bergstr. war noch gedruckt zu lesen, darunter stand:

Schneewittchen erwartet des Knaben Wunderhorn in der Straße 17.

Ich errötete und erklärte mich: „Ich traf die junge Dame im Bahnhof von Spital/Drau und wir teilten uns das Abteil bei der Fahrt nach Salzburg. Die grandiose Natur ließ mich wohl sentimental werden, ich nannte sie wegen der fehlenden Urlaubsbräune und ihren schwarz gefärbten Haaren Schneewittchen und fragte sie beim Abschied nach ihrer Telefonnummer. Sie schob mir wortlos diese Karte in die Hände und küsste mich auf die Wange. Nach zwei Tagen in München packte mich doch die Neugier und auf meinem Heimweg stieg hier aus.“ Der Mann grinste kumpelhaft und erklärte: „Schneewittchen wurde von einem Weinheimer Bürgermeister geschrieben, Namen habe ich vergessen, aber drüben am Amtsplatz gibt es eine Vitrine mit Informationen“. Im „Museum der Stadt Weinheim“ war die Vitrine zur Zeit nicht zu besichtigen, wegen Renovierungsarbeiten. Aber ich erfuhr wenigstens den Namen des Autors: Albert Ludwig Grimm. Ach deswegen des „Knaben Wunderhorn“, jetzt hatte es geklingelt, das war DER Grimm. Aber warum 17? Ich wollte nun endlich Kaffee trinken, aber ich verlief mich in den kleinen Gassen und stand urplötzlich in der Albert-Ludwig-Grimm-Strasse. Meine Hände wurden feucht als ich entlang einer Parkmauer entlang ging. Schau- und Sichtungsgarten Hermannshof, aha der ehemalige Stammsitz der Viledaner. Da die Nummer 17. Evangelischer Kindergarten „Sonne“. Da stand auch Schneewittchen mit ihrer Tochter in der Hand und lachte mit ihr. „Papa abholen“, hörte ich nur noch, bevor sie um die Ecke verschwanden.

Geschah mir Recht. Alter Esel. Was wollte ich auch mit einer solch jungen Frau? Ich lachte laut über mich selbst und fand am Marktplatz ein spanisches Café, dort sollte ich vor deutschen Märchen und Sagen sicher sein. Beim zweiten Cappuccino begann ich ein Gespräch mit der Dame vom Nachbartisch, als sie endlich aufhörte über Windows, Web und Usiblity-Fritzen via Handy zu tönen. Sie sei aus „Linnefels“, erzählte sie, „net vun Wold-Mischlboch“, wie ich meinte herausgehört zu haben, man braucht ja immer Gesprächsbeginner. „Lindenfels an der Nibelungenstrasse, sehr romantisch, mit vielen Siegfriedsbrunnen in der Umgebung. Alles voller Sagen und Märchen“, säuselte sie nun im besten Standarddeutsch. Ich bezahlte überstürzt, trank aus und flüchtete.

Im IC nach Frankfurt las ich die Weinheimer Nachrichten, ich hatte mir ja kein Buch gekauft. Scheinbar hatte die Pisa-Studie auch dort Gegenmaßnahmen provoziert. Es gab eine Vorleseaktion. Die Zeitung schrieb sogar einen Kurzgeschichten-Wettbewerb aus. Ein Grinsen hüpfte über meine labello-losen Lippen und ich packte mein Notebook aus.

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